Montag, 29. Januar 2018

Slow Family - don´t hurry, don´t worry


Du sagst, dass dir der Kopf wehtut

Ich sag, meiner steht in Flammen
Du sagst, du bist so müde
Ich sag, mir ist schlecht (...)


Du sagst, komm, wir schieben heute alles
Den Kindern in die Schuhe
Du sagst, ich sehe doch toll aus
Ich sag, Mann, lass mich in Ruhe


- Judith Holofernes



Na, Mutti? Kommt dir bekannt vor, nicht wahr?
Kein Wunder, war ja auch eine Mutti die diese Worte auf Papier gebracht hat. Als ich diesen Song von der ehemaligen "Wir sind Helden" - Sängerin und zweifach- Mama das erste mal gehört habe, hab ich mich in jeder einzelnen Lied-Zeile wieder gefunden. Dabei muss ich ja ganz offen zugeben, dass ich nicht halb so viel gestresst bin wie Frau Holofernes, die neben dem alltäglichen Rasselbande Hüten noch mit dem Tour-Bus die Bühnen Deutschlands beseelt. 
Und trotzdem fühl ich mich in manchen Momenten im Alltag mindestens genau so gelähmt und dem Löwen namens "Zeit" zum Fraß vorgeworfen. 
Aber wieso ist das so? Was ist das für ein Phänomen, dass man sich ständig unter Zeitdruck fühlt. 
Schnell das Kind anziehen, schnell noch zum Supermarkt, schnell die Tüten einpacken, schnell nach Hause. Und jetzt aber ganz schnell das Essen machen, sonst bekommt das Kind einen Tobsuchtsanfall vor Hunger (als würde ich es jemals verhungern lassen). In solchen Situationen fehlt mir ganz oft ein kleines Männchen, welches mir auf die Schulter tippt und sagt: "Ey, fahr mal`nen Gang runter, Mutti!". So ein kleines Männchen gibt´s leider nicht, aber man kann es sich ja imaginär immer wieder in´s Leben rufen. Ich persönlich nenne mein kleines schlaues Männchen "Achtsamkeit". Und wie mir das im Alltag hilf dürft ihr hier gern nachlesen.


slow routine


Der beste Helfer in meinem Alltag als Mama eines Einjährigen heisst: Vorbereitung. Vorbereitet sein, das nimmt unheimlich den Stress aus so vielen Situationen. Um dazu ein kleines Beispiel zu benennen: 
Wenn Levi hunger hat, dann ist es ruckzuck vorbei mit der guten Laune. Dann fliegen kleine Holzautos durch die Küche, es wird sich auf den Boden geschmissen und Mama wird mit dem herzerweichenstem Schmollmund ever bestraft. Kurzum: da ist der Spaß vorbei. (Von wem er das wohl hat!? Lassen wir das.) Die Lösung für unser Problem heist: Essen vorbereiten. 
Am Vorabend bereite ich meist schon einen kleinen Teller mit aufgeschnittener Kiwi und Banane vor, sodass ich diesen am nächsten Morgen dem hungrigen Kind (hat ja auch die ganze Nacht nichts essen dürfen) nur noch servieren muss. So kann ich dann ganz in Ruhe mein Frühstück zubereiten, Kaffee kochen, Brote aufbacken, etc. Das gleiche gilt übrigens für nach dem Mittagsschlaf oder nach dem einkaufen. Oder besser noch: Während dem Einkaufen. Ich hab meistens eins, zwei Kekse oder eine kleine Packung Rosinen griffbereit in der Mantel- Tasche. Ich sags euch - das kann Leben retten!
Ergo: man sollte vermeintlichen kleinen Tragödien also immer einen Schritt voraus sein. 
Was ich auch als sehr wichtig empfinde ist: Differenzieren. Und somit den Druck aus dem gegebenen Umstand nehmen. Ein paar Beispiele: das Kind reisst sich draußen aller drei Minuten die Mütze vom Kopf. - Ist es gerade wichtiger warme Ohren zu haben als der Gemütszustand von Kind (und Mutti)? Nein. Die zehn Minuten bis wir wieder im warmen sind werden schon nicht das Kind zum Erfrieren bringen. Kommt ja nicht ständig vor. 
Anderes Beispiel: Zähne putzen. Wer kennt es nicht, das tägliche Drama das Kind dazu zu bringen, den Mund zu öffnen um Karius und Baktus den Kampf anzusagen. Lieber gebe ich als Elternteil klein-bei als das Kind mit aller Kraft festzuhalten und so im schlimmsten Fall womöglich noch ein kleines Trauma auszulösen. 
Von einmal Zähne putzen wird schon kein Milchzahn schwarz anlaufen. Ich sehe meinen lieben Schwiegerpapa (Zahnarzt!) innerlich schon stöhnend und entsetzt die Augen rollen. Ein "Hallo" nach Finnland an dieser Stelle ❤ !
Aber auch hier gilt natürlich wieder: Ausnahmen bestätigen die Regel!
Zusammengefasst lässt sich das auf so viele Momente widerspiegeln. Und das nicht nur im Bezug auf das Kind, sondern auch auf sein eigenes Ich. Was genau ist mir gerade wichtig? Und: ist mir der Ärger den ich innerlich gerade ausbrüte es eigentlich wert? Würde ich mich in drei Wochen zurückblickend immer noch darüber ärgern? Eben!






slow eating


Zurückblickend hat sich mein Ess- Verhalten seit `Levi Geburt`um 180 Grad gedreht. Wenn ich damals nach 9 Stunden hinterm Verkaufs- Tresen stehen, endlich mit schmerzenden Füßen die Haustür aufschließen durfte, hab ich auch schnell mal die "Ja!"- Lasagne für 1,99 Eur in den Ofen geschmissen. Wenn ich gegenwärtig nur dran denke wird mir ganz anders in der Bauchgegend. 
Nicht nur das Verantwortungsbewusstsein gegenüber der Gesundheit meines Kindes und meiner Eigener, sondern auch das Bewusstsein für meine Umwelt und die Natur ist auf meinem persönlichen Prioritäten- Barometer spürbar in die Höhe gesprungen. Mittlerweile achte ich beim Wocheneinkauf sehr darauf, dass die Sachen die im Einkaufswagen landen nachhaltig und "organic" hergestellt wurden. Sprich, ich freu mich wenn ich meinem Körper etwas Gutes tun kann und noch ein paar Nährstoffe im Gemüse vorhanden sind. 
Du bist was du isst! Hinter diesem Satz steckt viel mehr Wahrheit als man denkt.
Und neben dem nicht zu unterschätzendem Effekt der Umwelt damit einen kleinen Gefallen zu tun, macht es mir um einiges mehr Spaß durch den hübsch sortierten Bio- Markt zu schlendern als mich durch reizüberflutende Supermarkt- Regale zu wuseln. Und nebenbei kann man sich noch mit der Laden- Besitzerin über Rezept- Ideen austauschen. Und wo bitte schön kann man das heute noch, ohne dass hinter einem schon der nächste (vermeintlich gestresste) Kunde mit dem Einkaufswagen in die Versen fährt, damit´s "endlich" vorwärts geht. 
Wenn mich eine Sache so richtig entspannt, dann ist es kochen. Und vor allem: Schnippeln! Ich schnibble für mein Leben gern! Darf man das eigentlich auch sein Hobby nennen? Aber ganz im Ernst: es erdet mich unheimlich an nichts anderes denken zu müssen als daran, dass ich die Karotte in dünne Streifen schneiden muss. Oder Kartoffeln schälen! Love it.
Wenn man Dinge mit der Hand tut, hat der Kopf Pause. Achtsamkeit ist hier wieder das Zauberwort. Und nichts isst man achtsamer, als das, was man mit den eigenen Händen zubereitet hat. 
Aber auch hier bestätigt die Regel wieder mal die Ausnahme. Wenn wir einen busy Tag hatten, das Kind am Abend einfach keine Geduld mehr hat und einfach was im Magen braucht um die Laune einigermaßen zu retten, dann gibt´s auch mal schnell ein Hipp- Glas und für Mama und Papa ´ne Ristorante. 





slow nature


Ich glaube ich habe noch nie so viel Regen- Wetter erfahren dürfen, wie hier in Friesland. Und manchmal geht er mir auch ganz schön mächtig auf den Keks, ich will euch nichts vormachen. Aber, wie einem der super-schlaue Spruch "Es gibt kein schlechtes Wetter - nur schlechte Kleidung" schon vermitteln lässt, ist das auch wieder eine Frage des Betrachtens. Denn wenn ich mir meinen Friesen-Nerz und meine Regenstiefel anziehe und draußen mit Levi in eine übergroße Pfütze hüpfe, dann sieht der Himmel über uns plötzlich gar nicht mehr so grau aus. 
Als wir vor ein paar Tagen genau an einem solchen Tag draußen spazieren waren, hab ich mich dabei erwischt wie ich zu Levi sagte: "Nicht in die Pfütze mit den Fingern!" und gleichzeitig hab ich mich gefragt: Warum denn eigentlich nicht? Was soll denn passieren, um Himmels Willen? Höchstens das seine Abwehrkräfte gestärkt werden. Also, her mit dem Dreck! Wozu gibt´s denn außerdem Badewannen?
Ein Spaziergang durch den Wald kann meine am Morgen noch trübe Laune richtig beseelen und wieder aufhellen lassen. Und wenn es mir schon so geht, wie soll es dann einem Kleinkind erst gehen, das jedes kleine Blatt am Zweig drei mal dreht und wendet und als neue Erfahrung begeistert in sich aufsaugt. 
Wenn Levi mal wieder im Dauer-Nörgel-Modus ist, dann ziehen wir uns an und gehen raus. Das wirkt Wunder! 
Die Natur erdet. Sie bringt einem zurück zum Wesentlichen. In´s hier und jetzt.



It´s all about mindfulness


Hier und Jetzt. Genau hier sollten wir immer sein. Als Mama, als Papa, als Familie. Und unsere größten Vorbilder sollten genau die kleinen Menschen sein, um die man sich im Grunde genommen so viel sorgt und dadurch vermeintlich stressen lässt. Kind sein! Die Welt durch Kinder Augen sehen.
Wenn man sich beim Mittag- Essen über jede einzelne Nudel ärgert, die dank dem Kind mal wieder auf dem Boden landet und dann letztendlich am elterlichen Socken kleben bleibt, sollte man sich vielleicht in die Lage des Kindes versetzen - Das Kind als kleinen Forscher erleben, der gerade begeistert feststellt das es so etwas wie Erdanziehungskraft gibt. Das Kind kleckert nicht, es forscht! Klingt doch schon viel erträglicher, oder? 
Und wenn man mal wieder wie ein Pack- Esel beladen vom Drogerie- Markt schnell nach Hause will, das Kind aber bei jedem Kleeblatt am Wegesrand stehen bleibt: Tüten abstellen und mit angucken! Wann hab ich das letzte mal ein Kleeblatt sorgsam begutachtet? Richtig, als Kind! Vielleicht finden wir ja ein vier-blättriges. Das rahmen wir dann ein und erinnern uns später einmal genau an diesen Moment zurück. 
Oft verliert man die Achtsamkeit auch gegenüber seinem Partner, der nicht nur Mama oder Papa ist sondern auch die Person in die man sich mal Hals über Kopf verliebt hat. Seid achtsam zueinander. Und auch ganz wichtig: nehmt´s mit Humor. Oder mit einer Flasche Rotwein. Bio. Natürlich! In diesem Sinne...


Du bist so müde
Ich sag, du mich auch
Ich mein, ich lieb dich jetzt erst recht
Und du mich auch

Zitat Ende.










Buch Empfehlung zum Thema:


Slow Family - Sieben Zutaten für ein einfaches Leben mit Kindern

Julia Dibbern & Nicole Schmidt
Beltz Verlag








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