Freitag, 19. Mai 2017

Wanderlust

Auswandern.


Dieses Wort hörte ich bis dato eigentlich nur, wenn am Montag Abend auf VOX mal wieder jemand seinen Lebenstraum auf Mallorca erfüllen wollte. Unerwarteter Weise mit einer Currywurst- Bude am El Arenal. 

Und dann saßen wir auf einmal im T4 Richtung holländische Nordsee. Mit einem viel zu überladenen Anhänger, in dem all unser Hausrat das Abenteuer nicht verpassen wollte. 
Levi beobachtete aus seiner Babyschale gespannt die LKW´s, die uns auf der Autobahn überholten. Wenn man mit 80km/h in ein neues Leben startet, hat man wirklich viel Zeit nachzudenken. Besonders, wenn noch 700km vor einem liegen. Und im Grübeln bin ich ja bekanntlich Weltmeister. Da war man dann schon ganz froh, wenn dem Baby zu langweilig wurde und man es mit den Dingen die im Auto mit herumflogen bespaßen durfte. 
"Hoffentlich hat das Haus eine funktionierende Toilette" - war einer meiner Gedanken, die mir ständig durch den Kopf schossen. Nicht, weil ich mal ganz dringend Pippi musste vom viel zu überteuerten Coffee-to-go von der Raststätte, sondern weil ich das Haus, in das wir in wenigen Stunden einziehen werden, noch nicht vorher gesehen habe. Nur auf meinem Mac- Screen in JPG- Format. Und wie mich VOX schon viele Male lehrte, kann man oft sein blaues Wunder erleben wenn man in ein unbekanntes Haus zieht. 
Mietvertrag ist schon unterschrieben. There´s no turning back. 

Aber die Freude überwog. Die Freude darauf, endlich bald mit schlecht gebastelten Maler- Hüten aus Papier die Farbrolle in der Hand halten zu dürfen um Levis erstes eigenes Kinderzimmer zu streichen. Die Freude darauf, zum ersten Frühstück am nächsten Morgen so viel Hagelslag wie möglich auf schlecht gebackenem holländischen Brot zu verdrücken. (Zur Erläuterung: Hagelslag sind diese kleinen, viel zu süßen bunten Streusel mit denen die Holländer gern ihr Brot belegen. Quasi das niederländische Nutella.) 

13 Stunden später. "Sie haben ihr Ziel erreicht!".

Ich sprang mit Levi auf dem Arm aus dem Auto und hoffte, dass meine Beine schnell wieder aus Ihrem Schlaf erwachen würden. Die Vermieterin öffnete die Haustür und babbelte irgend etwas auf englisch, was ich aber nicht mehr in der Lage war in irgendeiner Weise mental aufzunehmen. Witziger Weise rannte ich wirklich zuerst zur Toilette um nach zu schauen ob es ein hyggeliges Plätzchen ist.

Ernüchternd - Aber ausbaufähig!
Das dachte ich mir dann so ziemlich bei jedem Zimmer, was ich angeschaut habe. Mein Kopf lies mir aber keine Zeit zum Grübeln, da er wusste, dass draußen im Anhänger gefühlte 138,5 Umzugskartons darauf warteten, ins Haus gebracht zu werden. Und Levis Windel wollte auch ganz dringend gewechselt werden. Während die anderen sich auf den Weg machten um etwas Essbares in der Nähe auskundig zu machen, packte ich die ersten Kartons aus. Levi schlief erstaunlich gut auf seiner kleinen Matratze, oben, im "ausbaufähigen" Schlafzimmer. Und das auch die ganze Nacht durch. 
Ich dann auch, nach meinem ersten holländischen Dosenbier.


Am nächsten Morgen packte mich die Motivation und wir besorgten für uns und den weltbesten Freunden a.k.a Umzugshelfern ein holländisches Frühstück im holländischen Supermarkt. "Jedem Anfang steckt ein Zauber inne " - Ja, auch im Supermarkt!
Hagelslag! Jede Menge. Das erstbeste durfte in den Einkaufswagen. 
Die Feststellung, das es meine Lieblings- Zeitschrift hier auch gab, zwar auf holländisch - but, who cares!? - rettete schon meinen Tag. 
Und nachdem Zuhause schon die Küche fast vollständig eingeräumt war und unser alter hölzerner Küchentisch mit einem bunten Frühstücks- Potpourri gedeckt war, fühlte ich mich auf einmal sehr wohlig und angekommen. 

Und Tag für Tag bekam jedes unserer kleinen Zimmer einen neuen Anstrich. Und der Charme des alten, zerbrechlichen, etwas luftdurchlässigen und schiefen Hauses harmonierte gut mit unserer Einrichtung aus alten Flohmarkt- Funden und etwas herunter gekommenen Vintage- Teilen. 


Doch. Ich mag´s hier sehr gern.


Und nicht zuletzt heißt es ja in einem bekannten Song, dessen Titel ich hiermit gern zitieren möchte:

"Home is wherever I´m with you!". 
Mein Zuhause: Elias und Levi. 
Zu dritt gestrandet irgendwo kurz vor der Nordseeküste. 










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